Montag, 27. April 2015

Ein Tag ohne Kompost ist ein verlorener Tag!

Liebe Schnitzelfreunde,
vorgestern wachte ich auf und erinnerte mich dunkel an ein Plakat. Das hing Freitagabend an einer dicken, runden Litfaßsäule auf dem Weg zu einer unschlagbaren belgischen Kneipe. Normalerweise achte ich nicht auf Plakate. Wirklich nicht. Meistens soll man ja animiert werden, in eine Oper, ein Museum oder auf ein klassisches Konzert zu gehen, von dem man noch nie zuvor gehört hat. Dieses Plakat war anders. Es propagierte - Achtung, Trommelwirbel! - den morgigen Komposttag! Also vorgestern. Jetzt isser vorbei.

"Ähm", dachte ich mir, "ernsthaft? Komposttag... Sachen gibt's." Damit war die Angelegenheit erstmal wieder erledigt. Vor mir lag ein spaßiger Abend mit Franzosen, Burgern und belgischen Pommes. Er endete spät. In mir schwamm Bier. Nicht genug allerdings, um den Kompostgedanken darin zu ertränken. Er hatte sich festgesetzt. Sowas sucht man sich ja nicht aus.


Der nächste Morgen. Ich stehe senkrecht im Bett, elektrisiert vom Gedanken an Kompost. Warum, werden wir nie erfahren. Es ist 8 Uhr und Franzose soll jetzt verdammt nochmal aufwachen. Das tut er auch. Zerknautscht sieht er aus. Das wird schwierig.

Irgendwie habe ich es dann hinbekommen, ihn davon zu überzeugen, mich zur Rhein-Main-Biokompost GmbH am anderen Ende der Stadt zu begleiten. Oder...sogar beide. Ihn und seinen Kater. Einer dieser Punkte auf der Agenda der Kompostwerke musste es ihm angetan haben:

  • Führung durch das Kompostwerk
  • Bepflanzungsaktion "Blumenkästen solange der Vorrat reicht"
  • Bodenqualitätstest (Erdprobe bitte mitbringen)
  • Beratungen und Verkauf von Komposterde
  • Kinderprogramm
  • Speisen- und Getränkeangebot

Gut, eigentlich war es echt schwierig, ihn aus dem Bett, unter die Dusche und dann auch noch aufs Fahrrad zu kriegen. Bei DEM Angebot. Ich verstehe sowas nicht. Ich habe dann ein ausgeklügeltes Animationsprogramm aus dem Hut gezaubert. Damit wenigstens der Weg zum Komposttag ein bisschen spannend wurde.

Aber wie schon angedeutet: ich war Feuer und Flamme. Denn mich kann man mit totalem Mist begeistern. Diesmal sogar im wahrsten Sinne des Wortes. Wer kann schon gegen einen Samstagmittag auf einer motorisierten Kloschüssel anstinken? Na also. (Ich lass jetzt auch die Wortwitze.) Ach Mensch, ich freu mich immer noch. Das Programm, bittesehr:



1. Lecker Frühstückchen

 
Zwei Schnittchen am Main, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Vom Bäcker an der Ecke. Im Schatten des großen "Gerippten" gefuttert. Das ist ein Gebäude mit tausenden kleiner, dreieckiger Fenster, das aussieht wie die hier üblichen Apfelweingläser. Franzose brauchte dringend etwas zwischen die Zähne. Dies hier war ein guter Auftakt.


2. Graffiti in zwielichtiger Gegend


Auf dem Weg in Richtung Osthafen tauchten wir unter einer großen Kreuzung her und wurden beinahe erschlagen vom Bunt. Franzose war gleich einen Tick wacher als vorher. Da geht einem doch das Herz auf. So viel Farbe, so viel zu sehen. Und es wirkte tatsächlich so, als sei das Gesprühe rund um die Fußgängerunterführungen ehrlich und offiziell erlaubt. Logische Konsequenz:


3. Selbst Hand anlegen


Immer nur zugucken is' nix. Also lieber mal mit anpacken. Ich gab einen exquisiten Einführungskurs ins Gangster- und Ganoventum für aufgeschlossene Mitbürger. Ganz ehrlich, Graffiti finde ich oft richtig toll. Weil es nicht immer Schmiererei ist, sondern dazu beitragen kann, den ganzen angeschmodderten Beton kuscheliger wirken zu lassen. Natürlich haben wir nicht wirklich rumgesprüht. Die Dosen waren leider alle leer und taugten nur noch für so tun als ob. Mist...


4.  Kurz alles doof finden


Das kennt Franzose schon von mir. Manchmal muss man Emotionen zeigen. Es kann ja auch nicht immer alles Ponyhof sein, ne? Seid auch ihr irritiert von diesem Gefüßel da rechts unten? Vier Beine und fünf Füße... Anatomisch fragwürdige Konstruktion. Schnell weg.


5. Andere Franzosen treffen!

 
...und auf Tuchfühlung gehen. Während ich mich auf schöne Augen konzentrierte, na ja, ihr seht es ja selbst.

Wir hatten die Stadt durchquert und waren dem Ziel sehr nah. Die Kompostwerke liegen in einem Gewerbegebiet am Osthafen. Gut versteckt in einer Sackgasse. Mir war bis zu dem Tag gar nicht bewusst, dass so etwas wie ein Kompostwerk überhaupt in der Form existiert. Auch wenn es nur logisch ist. Irgendwo muss der Biomüll ja hin. Und irgendwas muss damit ja auch geschehen. Sonst wäre das ganze leidenschaftliche Mülltrennen vollkommen sinnlos.

So, aber wenn ihr jetzt denkt, der spaßige Teil wäre vorüber und ab sofort gibt's nur noch schimmelige Tomaten und stinkige Bakterien, habt ihr euch geschnitten. 

Wir kommen also an und ich bin erst einmal komplett begeistert von, ja, von aufgetürmtem Geäst.



Lange konnte ich mich aber nicht darauf konzentrieren, denn der Mann am Eingangstor hatte vergessen, uns den Coupon für den oben erwähnten bepflanzten Balkonkasten auszuhändigen. Also schnell nochmal zurück! So nicht. Komposttag ohne Erde? Pfff.



Wunderbar. Gerade noch geschafft. Es gab nur eine begrenzte Anzahl von Kübeln, die herausgegeben wurden. Franzose schlurfte herum, weil er der Meinung war, wir würden eh die einzigen Gäste auf diesem seltsamen Kompostdingens sein, aber dem war nicht so.



Er legte sich in eine Baggerschaufel und döste. Nee, ganz im Ernst, man konnte wirklich eine Menge Unfug in dem Werk anstellen, ohne dass sich auch nur eine Menschenseele daran gestört hätte. Überhaupt schienen die Leute im Kompostwerk total tiefenentspannt zu sein und einen sehr sympathischen Humor zu besitzen. Siehe ganz oben. Kloschüsselrennen? Okayyy. Aber es fängt ja eh schon damit an, dass man als Kompostwerk der Meinung ist, aus Biomüll einen Event bauen zu können und definitiv bauen zu müssen. Super! Kinder konnten auf dem Gelände außerdem in kleinen Reinigungsfahrzeugen mitfahren und die rotierenden Schrubberbürsten bedienen. Leider war ich dafür zu alt. Nicht, dass ich gefragt hätte. Echt nicht!



Neben dem Tor zur Einfahrt türmten sich mehrere Berge aus biologischen Roh- und Nutzstoffen auf. Rindenmulch, grobe Holzspäne und natürlich schöner lockerer Erdboden. Wir buddelten in allem herum. Bis endlich die Führung durchs Kompostwerk anfing. Kurz davor düste ich auf der motorisierten Kloschüssel im Kreis herum und legte mich beinahe auf die Schnauze, weil ich zu viel Gas gab. Das war ehrlich gesagt kaum zu toppen. Die Führung hatte es schwer.



Das, was ihr da auf zweien der drei Bilder entdecken könnt, ist der Biomüll aus Frankfurt, Offenbach und Umgebung. Und zwar von nur zwei Tagen. Stinkt etwas weniger als erwartet. Und enthält leider etwas mehr Plastikmüll und sogar Metallteile (äh...) als befürchtet. Ist doch gar nicht so schwer, Biomüll zu identifizieren, oder etwas doch?! Manmanman. Mit Liebe und viel Hingabe wird hier im Werk der gute vom schlechten Müll getrennt, mithilfe fleißiger Bakterien unter Zugabe von Wasser und wohliger Wärme wieder aufbereitet und letztendlich getrocknet zu Eins-a-Biokompost!



Schon ein bisschen schade, dass Komposttag nicht öfter im Jahr sein kann. 


Was gelernt?
Spontane Ideen sind die besten.
Und: Frankfurt scheint doch was zu können.
Ich halte euch auf dem Laufenden. Tipps sind willkommen.

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